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Der Stapel mit den ungeliebten Rechnungen liegt links auf dem Boden, der Stapel mit den geliebten Dingen rechts daneben. Und so wie wir es alle kenne, ist der rechte Stapel viel anziehender. Dies hat sich also auch nicht im 2018 (haha jaaa – ich hätte mich fast verschrieben) geändert. Der innere Schweinehund will gewinnen und stupst mit seiner rosa Nase nach rechts. Dinge, die man tun wollen würde, wenn man denn könnte…

Doch wie es der Zufall so will, rutscht mir ein Foto von meinen Grosseltern, zwischen all den Stapeln liegend, in die Hände. Beide in ihren vitalsten Zwanzigern umrankt von zwei Motorrädern, irgendwo im schönen Baselbiet. Ich lehne mich ans Sofa zurück und lasse meine Gedanken abschweifen. Die regenbogenfarbigen Einhörner auf meiner Jogginghose schauen mich herablassend an. Ja, so war das also damals. Verliebt, verlobt, verheiratet. Doch dies entspricht nicht mehr dem Zeitgeist von 2018.

Gerade gestern hatte ich wieder ein tiefgründiges Gespräch mit einem Freund. Wer ist denn schon noch bereit, sich diese Bürde eines Commitments aufzuladen, wenn die digitalisierte Welt alle Möglichkeiten offen hält?

Wir kamen zum Fazit, dass es vier Möglichkeiten gibt, um mit diesem Umstand namens „Leben“, umzugehen.

Du kannst dich verlieben, verloben und heiraten und deine Bestimmung finden, in dem du deinen Nachfahren deine ganze Zeit und Liebe widmest.

Du kannst alles hinter dir lassen, zum Aussteiger werden, die Welt bereisen und Fotos posten, wie du gerade mit Delfinen durch die Weltmeere gondelst und daneben auf Goa noch kurz den Vollmond anheulst.

Du kannst dich auf die spirituelle innere Reise zu dir selbst machen mit oder ohne Hilfe von Ayahuasca, einem Guru oder sonstigen Initiationsritus, oder aber du kannst deinen Nine-to-Five-Job mit tiefster Innbrunst und totaler Verausgabung leben und möglichst über nichts mehr nachdenken.

Das sind die vier Möglichkeiten.

„Wähle weise!“, würde noch passen, falls diese Kolumne ein Summary zum neuen Matrixfilm 4.0 wäre. Fakt bleibt, dass alle diese Routen nur dazu führen, dass du dich nicht mit dir selbst weiter auseinandersetzen musst, denn dies würde zu einer Burglind 2.0 ausarten und ziemlich viel in dir aufwinden, eh natürlich wühlen.

Schwierig wird es erst, wenn man sich noch nicht mal ansatzweise dafür entscheiden kann, welchen dieser Wege man denn wählen möchte. Wo bleiben denn bloss der Leitfaden und die Vorsehung, wie es die neue Trendserie „Black Mirror“ auf Netflix so wunderbar aufzeigt, wenn man sie am Dringendsten nötig hat?

Jeden Tag erlebe ich in Gesprächen, die heutzutage fast gänzlich nur noch über Sprachnachrichten von Whats App vonstattengehen, wie stark das Bedürfnis nach bedingungsloser Liebe ist. Den ganzen Teil mit dem „Liebe dich selbst zuerst, dann wird der Rest schon klappen!“, lass ich jetzt mal grosszügigerweise aus… (Danke übrigens für den Schlüsselhochschiebeknopf, darauf haben wir gewartet, ohne Witz jetzt!)

Wären meine Grosseltern damals schon im Besitz eines Smartphones und allen wahnsinnigen Möglichkeiten unseres Zeitalters gewesen, bezweifle ich stark, ob ich hier sitzen würde. Statt gemeinsam mit den Motorrädern über die Hügel von Reigoldswil zu kurven, hätte sie wohl zuvor mit ihren Freundinnen alle Nachrichten von ihm zu Tode analysiert, bevor sie ihn jemals konkret krass live getroffen hätte. Meanwhile hätte er zuvor ihr Instagramprofil durchgestalked und dann entschieden, dass er doch eher auf dunkelhaarig und skinny-bitch-figured steht. The End.

Jetzt bleibt die Frage, ob die Digitalisierung Schuld hat an der ganzen Liebesmisere oder ob wir schlichtweg unfähig sind, in einem gesunden Rahmen, diese eigentlichen Wundermittel richtig und angebracht einzusetzen. Wohl eine Mischform von beidem. Vielleicht sollte man sich einfach mal wieder oldschoolmässig trauen, beim Dessert den hübschen Kellner nach seiner Telefonnummer zu fragen, anstelle die ausufernden Partnervermittlungsbörsen zu durchforsten?!

Auswahl zu gross, Verlockungen um die Ecke allzeit bereit, unruhiger Geist verursacht durch ständige Erreichbarkeit, bewusste Auszeiten nehmen (und bereit dafür viel zu viel Geld auszugeben), um darüber auf allen Social Media Plattformen von der bewussten Auszeit stündlich präzise zu berichten. So sind wir. Oder ich auf jeden Fall.

Um trotzdem ab und an den Wind in meinem Haaren auf meinem imaginären Motorrad zu spüren, pilgere ich oft an meinem Lieblingsort und verbringe Stunden unter meinem Baum. Die Weitsicht über die Talebene macht alle verkrampften Gedankengänge wieder leichtfüssig und angenehm unbedeutender.

Ob es DIE grosse Liebe war zwischen meinen Grosseltern? Ich gehe davon aus, dass sie in diesen vergangenen Jahrzehnten keine Zeit und Mittel hatten gross darüber nachzudenken. Ich wünsche es ihnen und mein harmoniebedürftiges Wesen hofft es inständig. Was ich jedoch ziemlich sicher weiss, ist die Tatsache, dass sie verschont wurden vor der sogenannten „Toxic Love“. Ein weiteres neues Thema, das in diesen Tagen hoch und runter diskutiert wird in meinem Freundeskreis. Ich erkenne einen Logarithmus aus Gesprächen mit Menschen, die die grosse Liebe erleben durften, sie leider, aus welchen Gründen auch immer, hinter sich lassen mussten und nun von dieser oben erwähnten „toxischen“ Liebe verfolgt werden. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass zwei Menschen aufeinandertreffen, die nicht mit aber auch nicht ohne einander können. (Anm. d. Red.: Einige Verschwörungstheoretiker unter uns behaupten, es handle sich dabei um eine ungünstige Kombination zwischen einem Narzissten und einem Empathen.)

Da man aber nach der grossen Liebe weiss, was man weiss (die ganze Wahrheit halt, wie es sein muss), quält man sich gegenseitig weiter, bis sich der eine entweder für eine neuartige sexuelle Orientierung entscheidet oder sich der andere für ein Schweigeseminar anmeldet, um die vollständige Klarheit ob der Gesamtsituation zu erlangen.

Ob gross oder toxisch, viele der Probleme in Liebesdingen sind hausgemacht und deshalb ziehe ich es zurzeit vor, täglich metaphorisch gesehen die „Post holen“ zu gehen. Im Schlafanzuglook und mit verstrubbelten Haaren lässt sich dieser Gang ganz befreit machen und der Briefkasten hält an manchen Tagen schöne grosse Überraschungen bereit oder aber giftige Briefe von der Steuerverwaltung – die mich wieder zu meinem linken Stapel auf meinem Wohnzimmerboden zurückführen und -holen.

Die Einhörner grinsen immer noch herablassend. So what…

King for a King

by Will Varley

You’re six seconds old in the arms of your mother
Six weeks later, you start to see colour
And you learn pretty soon, if you cry you get tit
You learn how to crawl and you learn how to shit

By the time you can speak, they got you in school
Where just asking questions is breaking the rules
Well, ten years later, the system has won
You’ve stopped asking questions and sucking your thumb

On your thirteenth birthday they give you a drink
Say, „Get it all down, you’ll forget how to think!“
So you tell your first girlfriend you’re gonna die young
At the end of her garden she gives you some tongue
By fourteen she’s left you, well life is unfair
You’ve got shey on your t-shirt and spikes in your head
And your best friend from school said, „Just doesn’t suit you!“
You sit on a wall and you talk of the future, say

King for a king, eye for an eye
The birds still sing when they fall from the sky
If I slip a little whisky now into your cup
Will you swear that you’ll never grow up?
Swear that you’ll never grow up?

Well your teenage years scar you like daggers
Your insecurity turns into a swagger
Defensive as Normandy, lacking maturity
Drink like a fish, smoke like a chimney

King for a king, eye for an eye
The birds still sing when they fall from the sky
We’ll stand on the rooftops, we’ll scream and we’ll shout
If you swear that tomorrow we’ll work it all out
If you swear that tomorrow we’ll work it all out

Well by twenty you’re starting to run out of steam
You got no money and can’t sell your dreams
Get a job in an office like a means to an end

§3997 · Januar 5, 2018 · Allgemein · (No comments) ·


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